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Gehaltserhöhung ansprechen leicht gemacht: Vorbereitung, Timing und Taktik

Eine Gehaltsverhandlung gehört zu den wichtigsten, aber auch oft unangenehmsten Gesprächen im Berufsleben. Studien zeigen, dass viele Arbeitnehmer/innen unzufrieden mit ihrem Einkommen sind – gleichzeitig aber zögern, eine Gehaltserhöhung anzusprechen bzw. nach mehr Geld zu fragen. Fundierte Argumente für eine Gehaltserhöhung sind entscheidend für den Erfolg. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie Ihr Gehalt verhandeln – von der Vorbereitung bis zum Umgang mit einem „Nein“.

Inhaltsverzeichnis
  1. Vorbereitung: Die Basis für den Erfolg
  2. Der richtige Zeitpunkt
  3. Strategie und Taktik in der Verhandlung
  4. Typische Fehler vermeiden
  5. Wenn die Antwort „Nein“ lautet
  6. Fazit: Wissenschaft trifft Praxis

Vorbereitung: Die Basis für den Erfolg

Starten Sie ein niemals ohne Vorbereitung. Gehaltsgespräche unterscheiden sich je nach Vorbereitung maßgeblich im Ergebnis, dies zeigen Forschungen des National Bureau of Economic Research (NBER). Wer vorbereitet ist, steigert die Wahrscheinlichkeit, erfolgreich Gehaltserhöhung fordern zu können.

Was heißt das konkret?

  • Marktrecherche: Prüfen Sie, welche wie viel Prozent Gehaltserhöhung üblich ist und wie Sie Ihr Gehalt im Vergleich zum Markt bewerten. Wenn Sie sich fragen, wie viel Gehalt kann ich verlangen? Nutzen Sie Informationen der Arbeitsagentur, den Gehaltsrechner des statistischen Bundesamts oder schauen Sie auf anderen Seiten (kununu, Stepstone).
  • Eigene Erfolge dokumentieren: Listen Sie messbare Leistungen auf – abgeschlossene Projekte, Umsatzsteigerungen, Prozessverbesserungen oder Verantwortungsübernahmen. Dies liefert gute Argumente für eine Gehaltserhöhungen.
  • Alternativen planen: Wenn eine Gehaltserhöhung nicht möglich ist, prüfen Sie Alternativen zu Gehaltserhöhungen wie Boni, Weiterbildungen oder flexible Arbeitszeiten.
  • BATNA kennen: Entwickeln Sie eine „Best Alternative to a Negotiated Agreement“. Prüfen Sie Alternativen zu Gehaltserhöhungen, falls die Verhandlung scheitert. Das können Jobangebote, interne Wechselmöglichkeiten oder Zusatzleistungen (Boni, Weiterbildungen, flexible Arbeitszeiten) sein.

Der richtige Zeitpunkt

Selbst die beste Vorbereitung verpufft, wenn das Timing nicht stimmt. Harvard-Forscher/innen empfehlen, dass Sie im besten Fall eine Gehaltserhöhung ansprechen, wenn Sie gerade eine positive Leistungsbeurteilung erhalten oder ein erfolgreiches Projekt abgeschlossen haben. In dieser Phase ist die eigene Leistung frisch im Gedächtnis der Führungskraft – ein Vorteil.

Neuer Job - Gehaltsverhandlung: Starten Sie nicht zu früh. Das Gespräch über das Gehalt sollte erst erfolgen, nachdem ein konkretes Angebot vorliegt, nicht während der frühen Bewerbungsphase. Studien zeigen, dass Bewerber*innen, die zu früh ihr Gehalt verhandeln wollen, Gefahr laufen, sich unter Wert zu verkaufen.

Praktischer Tipp: Wenn Sie ein Angebot erhalten, nehmen Sie es nicht sofort an. Bitten Sie stattdessen um 24–48 Stunden Bedenkzeit. Das signalisiert Professionalität und verschafft Ihnen Verhandlungsspielraum.

Strategie und Taktik in der Verhandlung

Die eigentliche Verhandlung ist mehr als ein Zahlenspiel – sie ist Psychologie pur. Ein zentraler Effekt ist das Anchoring (Tversky & Kahneman, 1974): Die erste genannte Zahl setzt den Gesprächsrahmen und beeinflusst das Ergebnis. Wer den Anker setzt, hat oft bessere Chancen.

Strategische Tipps für Gehaltsgespräche:

  • Mit einer realistischen Spanne arbeiten: Nennen Sie eine Gehaltsrange (z. B. 60.000–65.000 €) statt einer einzelnen Zahl. Untersuchungen zeigen, dass dies zu besseren Endergebnissen führen kann.
  • Begründung liefern: Verwenden Sie Argumente zur Gehaltserhöhung. Verknüpfen Sie Ihre Forderung mit Erfolgen, Marktwert und Verantwortung.
  • Aktiv zuhören und Fragen stellen: Nicht nur nach Gehaltserhöhung fragen. Erkundigen Sie sich nach Sichtweisen und Erwartungen Ihres Gegenübers. Wer zuhört, kann besser auf Einwände reagieren.
  • Emotionen kontrollieren: Auch wenn es um Ihr Gehalt geht, bleiben Sie sachlich. Persönliche Befindlichkeiten oder Vergleiche mit Kolleg*innen wirken kontraproduktiv.

Das Konzept des principled negotiation („Getting to Yes“ von Fisher & Ury) ist hier hilfreich: Nicht starre Positionen verteidigen, sondern gemeinsame Interessen herausarbeiten und Lösungen suchen, die beiden Seiten Vorteile bringen.

Typische Fehler vermeiden

Viele Gehaltsverhandlungen scheitern nicht an mangelndem Budget, sondern an vermeidbaren Fehlern. Hier listen wir Ihnen die häufigsten Stolperfallen auf:

  • Unzureichende Vorbereitung – ohne stichhaltige Daten ist die Argumentation für mehr Gehalt in der Basis schwach.
  • Zu schnelles Ja – wer ein Angebot sofort akzeptiert, signalisiert, dass mehr drin gewesen wäre.
  • Nur auf das Gehalt fokussiert – prüfen Sie Alternativen zur Gehaltserhöhung wie Weiterbildungen, Urlaubstage oder Remote-Arbeit.
  • Emotionale Argumente – Sätze wie „Ich brauche mehr Geld, weil meine Miete gestiegen ist“ sind für Vorgesetzte selten eine gute Begründung für Gehaltserhöhungen.

Zudem zeigen Studien, dass insbesondere Frauen seltener verhandeln oder konservativere Forderungen stellen. Der Artikel „Nice Girls Don’t Ask“ (Babcock & Laschever) weist darauf hin, dass Frauen nicht nur seltener verhandeln, sondern auch stärker soziale Risiken fürchten. Bewusstsein für diese Dynamik ist ein erster Schritt, sie zu überwinden.

Wenn die Antwort „Nein“ lautet

In manchen Fällen gibt es am Ende eine Absage, auch bei optimaler Verhandlung. Gehaltserhöhungen, die nicht zustande kommen, sollte man laut Forschung wie folgt begegnen:

  1. Nach Gründen fragen: Verstehen Sie, warum die Erhöhung abgelehnt wurde. Fehlt Budget? Gibt es interne Richtlinien?
  2. Alternativen anbieten: Falls kein höheres Gehalt möglich ist, verhandeln Sie über Boni, Weiterbildung, flexible Arbeitsmodelle oder einen klaren Karriereplan.
  3. Zeitplan vereinbaren: Bitten Sie um eine Neubewertung nach drei bis sechs Monaten. So bleibt die Tür offen.
  4. BATNA prüfen: Wenn Ihre Alternativen attraktiv sind, kann auch ein Jobwechsel die logische Konsequenz sein.

Ein “Nein” muss kein Endpunkt sein. Wer professionell bleibt, kann gegebenenfalls an einem späteren Zeitpunkt erfolgreich mehr Gehalt fordern.

Fazit: Wissenschaft trifft Praxis

Gehaltsverhandlungen sind keine Kunst, die nur „Naturtalente“ beherrschen. Zu Beginn benötigt es einen gewissen Mut, wenn Sie Ihre Gehaltserhöhung ansprechen. Denken Sie daran, dass es ein legitimer Prozess ist – eine Fähigkeit, die sich systematisch erlernen und verbessern lässt. Wissenschaftliche Erkenntnisse liefern dabei wertvolle Hinweise.

Wer die Prinzipien dieses Artikels beachtet, stärkt nicht nur sein Gehalt, sondern auch seine Verhandlungskompetenz insgesamt – ein Skill, der in allen Lebensbereichen nützlich ist.

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