Türöffner für eine bewusste Berufswahl
Girl’s Day Akademie in Friedrichsorter Schule
„Mädchen haben die gleichen Kompetenzen wie Jungs, es fehlt ihnen aber oft an Selbstbewusstsein.“ – Imke Kuhlmann, Nachwuchssicherung Nordmetall
Pries-Friedrichsort. Praxisnähe schafft Überzeugung: Da ist sich Imke Kuhlmann, Referentin für Nachwuchssicherung der Arbeitgeberverbände Nordmetall, sicher. Das Projekt Girl’s Day Akademie in Kooperation der Nordmetall und der Agentur für Arbeit setzt genau dort an. Es möchte Mädchen eine Tür zu den sogenannten MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) öffnen. Die Gemeinschaftsschule Friedrichsort ist bisher die einzige Einrichtung in Schleswig-Holstein, die sich an dem Projekt, das bereits in Hamburg und Bremen etabliert ist, beteiligt.
Erklärtes Ziel aller am Projekt Beteiligten ist es, den Mädchen die Informationen mitzugeben, die ihnen eine bewusste Berufswahl ermöglichen. „Noch immer gibt es zu wenige Frauen in technischen Berufen“, sagt Gisela Nissen-Baudewig von der Technischen Akademie Nord, die seit acht Jahren mit der Gemeinschaftsschule kooperiert. Die meisten Mädchen orientierten sich immer noch an typischen Frauenberufen. Das Projekt will die Basis für eine „klischeefreie Berufswahl“ schaffen. Ein weiterer Projektgrund ist der Fachkräftemangel: „Natürlich fehlt es auch an Nachwuchs im MINT-Bereich“, sagt Kuhlmann.
„Wir wissen, dass die Mädchen die gleichen Kompetenzen haben wie Jungs, es ihnen aber oft an Selbstbewusstsein fehlt“, so Kuhlmann. Und das, obwohl ihre schulischen Leistungen im Durchschnitt besser seien. Während Jungs eine Niederlage mit einem neuen Versuch angingen, würden Mädchen eher aufgeben. Die Girl’s Day Akademie biete „den Mädchen die Gelegenheit, mit den Berufen auf Tuchfühlung zu gehen“, sagt Sarah Harms von der Agentur für Arbeit. Denn bisher seien MINT-Berufe nicht unter den Top Ten bei den Mädchen. Dabei können sie dann auch feststellen, dass „die Berufe lange nicht mehr so dreckig sind wie früher und dass auch Mädchen es kräftemäßig schaffen können“, ergänzt Kuhlmann.
Eileen, Pia, Hanin sowie zwölf weitere Mädchen der achten Klasse hatten als Arbeitsgemeinschaft seit September 2018 die Möglichkeit, 15 verschiedene Berufe in sechs Betrieben kennenzulernen und praktische Berufserfahrung zu sammeln – darunter beispielsweise die Gebrüder Friedrich Werft, Caterpillar oder Sauer & Sohn. Einen Nachmittag pro Woche „sind sie in die verschiedenen Werkstätten gegangen und durften sich ausprobieren“, sagt Nissen-Baudewig. Daraus könne sich beispielsweise auch ein Praktikumsplatz ergeben, nennt Kuhlmann einen positiver Nebeneffekt.
Schulleiter Manfred Behrends brennt für das Projekt und für mehr Frauen in MINT-Berufen: „Es muss eine gute Geschlechtermischung vorhanden sein, sonst funktionieren alle Biotope schlecht.“ Das Arbeitsklima sei dann besser. Dennoch hat sich bisher keines der Mädchen für einen der kennengelernten Berufe entscheiden können. „Ich habe einfach noch keine Berufsidee“, sagt die 14-jährige Eileen. Die gleichaltrige Pia ist sich dagegen sicher, einen technischen Beruf zu erlernen: „Bürokram ist nichts für mich.“ Und die 15-jährige Hanin reizte der naturwissenschaftliche Teil der AG. „Ich habe aber ganz andere Vorstellungen. Ich möchte Hebamme werden.“ Dennoch fand sie es interessant, viele Berufe kennenzulernen, die sie vorher nicht kannte.
Für Kerstin Lorenzen, Koordinatorin der Berufsorientierung an der Schule, ist das zumindest ein erster Schritt: „Es ist Interesse geweckt worden.“ „Wir möchten die Girl’s Day Akademie fortführen. Sie ist ein gutes Instrument für eine bewusste Berufswahl“, sagt Sarah Harms, betont dabei aber auch das Prinzip der Freiwilligkeit. Und natürlich hoffen alle auch auf die 15 Mädchen als Multiplikatoren.